Biener-Ranch
Wissenswertes über das Kutsche fahren und reiten im täglichen Sprachgebrauch

"Zügellos"

Der Umgang mit Pferden hat unsere Sprache geprägt

Das lange Zusammenleben von Pferd und Mensch hat in der Sprache bis heute deutliche Spuren hinterlassen. Redensarten in der Art von "Ein zügelloses Verhalten an den Tag legen" verwenden wir heute noch vielfach und verstehen den übertragenen Sinn, also beispielsweise das unkontrollierte oder übersteigerte Verhalten, ohne aber meist an deren Ursprünge zu denken. Hierzu gehört auch noch "der über die Stränge schlägt".

Wenn alle Stränge reißen oder über die Stränge geschlagen wird, wurde meist nicht am gleichen Strang gezogen. Dann muss die Sache gedeichselt werden oder gar der Karren aus dem Dreck gezogen. Wie der Herr so das Gescherr (Geschirr) zeugt von der Wichtigkeit eines sauberen Auftritts mit Pferd und Wagen.

Das Pferd hinterließ als Reit- und Arbeitspferd viele Spuren in der Sprache. Die Spanne geht vom Stalldrang und dem besten Pferd im Stall, mit Zuckerbrot und Peitsche bis zum geschenkten Gaul, dem man nicht ins Maul schaut. Wenn man eine Sache verkehrt angeht, zäumt man das Pferd am Schwanz oder von hinten auf. Rosskur und Rossnatur zeugen von hohen Durchhaltewillen des Pferdes, aber auch Menschen können die Pferde durchgehen, wenn sie ausrasten.

Einen traurigen Anblick bietet die Schindmähre. Das verstehen vielleicht nicht mehr alle. Mähre ist ein altes Wort für Stute. Schindmähre ist verwandt mit dem Schindluder. Darunter versteht man ein altes, abgemagertes Pferd das zum Schinder oder Abdecker kommt und das geschunden, das heißt, dem die Haut abgezogen wird. Genauso Nightmare in England.

Manchmal verendeten Pferde bei der Arbeit im Geschirr, davon kommt die Redensart in den Seilen (Sielen) hängen. Die Redensart aus dem Stegreif wird heute noch häufig für eine spontane äußerung benützt. Stegreif ist ein älteres Wort für Steigbügel und damit ist klar, was gemeint ist. Wenn man etwas macht, ohne vom Pferd abzusteigen.

Sprachbilder zum Thema Fuhrwerk und Fahren

Sich ins Zeug legen, verstehen wir noch bestens. Mit "Zeug ist das Pferdegeschirr gemeint. Auch bei der Redensart was das Zeug hält geht es ums Geschirr. Bis die Stricke reißen zeugt von großer Leistung und hier sind die Zugstränge gemeint. Zwischen der harten Arbeit darf heute Mensch und Pferd ausspannen. Die Redewendungen unter die Räder kommen oder das fünfte Rad am Wagen brauchen keine weiteren Erklärungen. Die Zügel schleifen lassen oder mit Scheuklappen durchs Leben gehen beschreiben negative Verhaltensweisen sowohl beim Kutsche fahren aber auch im Leben.
Dumm ist es auch den Karren in den Dreck zu fahren, dümmer noch den Karren vor das Pferd zu spannen. Keine Zehn Pferde bringen den Listigen in eine solche Situation. Man darf halt die Zügel nicht aus der Hand geben.

Eine Sache gelingt besser wenn alle an einem Strang ziehen. Eine Retourkutsche war eine Postkutsche in der man eine Retoure fahren konnte. War nicht immer möglich da die Kutschen meist auf der Rückfahrt bereits ausgebucht waren. Nach dem Duden hat aber der "Outsider" durchaus etwas mit Pferden zu tun. Damit wird das Pferd benannt, das auf der ungünstigen Außenbahn starten musste.
Das Schmiergeld spielte eine entscheidende Rolle oder wer gut schmiert der gut fährt. Hier ist die Schmierung der Kutschenräder gemeint. Dieses Schmiergeld wurde bei Reisen sogar extra berechnet.
Genauso das Trinkgeld kommt aus der Fuhrhalterrei, wer gut und sicher fahren wollte, gab nach der Fahrt ein Trinkgeld.

Beitrag aus der Zeitschrift Pferd und Wagen 06/2017
Text Andres Furger